Kann nur ein Tunnel die Verkehrsprobleme am rechten Thunerseeufer lösen oder eignet sich ein Mix aus gesamtverkehrlichen Massnahmen dazu? Im Auftrag des Entwicklungsraums Thun hat sich eine Arbeitsgemeinschaft unter Federführung von INFRAS dieser Frage angenommen.
Die Verkehrssituation am rechten Thunerseeufer beschäftigt die Region seit geraumer Zeit. Im Fokus steht insbesondere der Verkehrsabfluss stadteinwärts auf der Hofstettenstrasse . Auch die Busse des ÖV stehen im Stau und verspäten sich. Die Situation für Fussgänger, Velofahrer und Anwohner ist ebenfalls unbefriedigend. Die Erreichbarkeit der Gemeinden am rechten Thunerseeufer leidet.
Langfristige Ansätze auf Zweckmässigkeit geprüft
In partizipativen Prozessen wurden zwar Sofortmassnahmen zur Verbesserung des Verkehrsflusses beschlossen. Eine langfristige nachhaltige Perspektive fehlt jedoch. Darum hatte die Kommission Wirtschaft des Entwicklungsraums Thun (ERT) Ende 2021 beschlossen, die Suche nach langfristigen Lösungen anzugehen. Sie hat die Arbeitsgemeinschaft INFRAS/B+S/Güller Güller beauftragt, die Machbarkeit und Zweckmässigkeit langfristig orientierter Lösungsansätze zu untersuchen.
Breit ausgelegte Lösungssuche
In einem ersten Schritt wurde eine Vielzahl an denkbaren – und allenfalls auch undenkbaren – Lösungen aufgestellt. Mit einer Bewertung wurden diese Lösungen auf drei realistische Varianten reduziert, mit denen die Verkehrssituation langfristig verbessert werden könnte. Eine Echogruppe hat diese Variantenauswahl partizipativ bestätigt.
Die drei Varianten im Überblick:
- Gesamtverkehrslösung: Paket aus Massnahmen in den Bereichen Verkehrsmanagement, Veloverkehr (mit neuen Velobrücken über die Aare) und öffentlicher Verkehr (u.a. mit einer neuen Buslinie zwischen Oberhofen und Thun).
- Hübelitunnel: Strassentunnel auf der rechten Seeuferseite zwischen Hünibach und dem Autobahnzubringer.
- Aarequerung Süd: Strassentunnel zwischen rechtem und linkem Aareufer im Bereich zwischen Hofstetten und dem Seefeldquartier.
Zur vertieften Prüfung gehörten Abklärungen über die technische respektive bauliche Machbarkeit, über die städtebaulichen und landschaftlichen Verträglichkeiten und über die verkehrlichen Wirkungen. Die drei Varianten wurden einer detaillierten Bewertung unterzogen. Dafür wurden eine Kosten-Nutzen-Analyse, eine Kosten Wirksamkeits-Analyse und eine Qualitative Analyse durchgeführt – in Anlehnung an die Verfahren EBeN und NISTRA, die bei Bund und Kantonen etabliert sind.
Umsetzbarkeit spricht für Gesamtverkehrsvariante
Zwar versprechen alle Varianten ein positives Kosten-Nutzen-Verhältnis, die beiden Tunnellösungen sind jedoch sehr kostenintensiv. Die Frage ihrer Finanzierung wird politisch nicht einfach zu beantworten sein. Die deutlich günstigeren Massnahmen aus dem Gesamtverkehrspaket sind hingegen einfacher umsetzbar. Sie knüpfen an bereits bestehende, mittelfristige Planungen im Rahmen der Agglomerationsprogramme an.
Die Empfehlung aus fachlicher Sicht lautet daher, die Gesamtverkehrsvariante zu forcieren. Der Erfolg dieser Variante hängt jedoch stark auch vom Verhalten der Bevölkerung und dem Einbezug von ÖV und Velo bei der Abwicklung ihrer Mobilitätsbedürfnisse ab. Wenn sich die Region noch alle Möglichkeiten offen halten will, dann könnte sie auch noch die Option des Hübelitunnels mitziehen. Entsprechende Fragen zur Planung und Finanzierung sollte sie dann frühzeitig angehen. Der Hübelitunnel ist aus fachlicher Sicht auch der Aarequerung vorzuziehen.
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