Die Schweiz will mehr für Opfer von Gewalt tun. Bis Ende 2025 werden die kantonalen Opferberatungsstellen über eine schweizweite Opferhilfe-Telefonnummer erreichbar sein. Die Umsetzung liegt bei den Kantonen. Für sechs Kantone der Romandie hat INFRAS Varianten geprüft und ein Umsetzungskonzept erstellt.

49'055 Beratungsfälle haben die Opferhilfestellen in der Schweiz 2023 verzeichnet. Opfer von Gewalt oder ihnen nahestehende Personen erreichen die Beratungsstellen je nach Kanton unterschiedlich. Mit dem Beitritt zur Istanbul-Konvention des Europarats hat sich die Schweiz unter anderem dazu verpflichtet, eine Telefonberatung einzurichten, die rund um die Uhr über eine zentrale Nummer erreichbar ist. Ende 2025 soll die schweizweite Hotline eingerichtet sein. Die Umsetzung liegt bei den Kantonen. Sie entscheiden, welche Beratungsstelle mit welchem spezifischen Angebot jeweils hinter der Nummer steht.
Für sechs Westschweizer Kantone hat INFRAS das Umsetzungskonzept dazu erarbeitet. Auftraggeberin war die entsprechende Regionalkonferenz der Schweizerischen Opferhilfekonferenz (SVK-OHG), als Teil der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren (SODK).
Einheitliche Lösung für die Romandie gefunden
Den Kantonen stehen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, wie sie die zentrale Opferhilfe-Nummer umsetzen wollen. Sie können die 24-Stunden-Telefonabdeckung selbst organisieren, diese an Externe geben – oder sich für eine Umsetzung im Verbund mit anderen Kantonen entscheiden.
Die Kantone Waadt, Genf, Wallis, Freiburg, Neuenburg und Jura haben sich nun für eine gemeinsame Lösung mit einem regionalen Zusammenschluss entschieden. Menschen in der Romandie werden damit in Zukunft ausserhalb der Bürozeiten der kantonalen Opferhilfestellen an dieselbe Beratungsstelle geraten – unabhängig davon, in welchem Kanton sie sich gerade befinden.
Personelle, technische und finanzielle Faktoren abgewogen
INFRAS hat die sechs Kantone dabei unterstützt, die verschiedenen Umsetzungsvarianten einer interkantonalen Zusammenarbeit zu prüfen und ein Konzept auszuarbeiten. Abgeklärt wurden dabei von INFRAS unter anderem die technische und personelle Machbarkeit, Kosten sowie Vor- und Nachteile der verschiedenen Varianten. In den Prozess involviert waren die zuständigen kantonalen Stellen und Institutionen aus dem Bereich der Opferhilfe.
Zusammenschluss berücksichtigt auch Eigenheiten
Gesucht war eine Form der Zusammenarbeit für die Kantone der Romandie, die gleichzeitig auch deren – zum Teil unterschiedlichen – kantonalen Bedürfnissen entspricht. «Eine Herausforderung war es insbesondere, die Zweisprachigkeit zu berücksichtigen», sagt dazu INFRAS-Projektleiter Yannick Gasser. In den Kantonen Wallis und Freiburg gibt es grössere deutschsprachige Bevölkerungsteile. Die nun gewählte Umsetzung berücksichtige dies, so Gasser weiter.
Weitere Informationen:
- Website Opferhilfe Schweiz
- Dossier Opferhilfe der SODK
- Opferhilfe-Statistik des Bundesamts für Justiz
INFRAS hat sich schon zuvor eingehend mit der Thematik einer zentralen Opferhilfe-Telefonnummer auseinandergesetzt: 2017 wurde im Auftrag des Bundesamts für Justiz eine erste Machbarkeitsstudie verfasst. 2022 erstellte INFRAS für die SODK ein Umsetzungskonzept, das als Grundlage für nun geltenden Umsetzungs-Leitplanken für die Kantone dient.
- Machbarkeit und Kosten einer einheitlichen Telefonnummer für die Opferhilfe (2017)
- Umsetzungskonzept für zentrale Telefonnummer für die Opferhilfe (2022)
Weitere INFRAS-Projekte mit Bezug zum Thema: