Verkehrsmodellierung Güterverkehr

Aktualisiertes Gesamt­verkehrs­modell: Kanton Zürich blickt auch auf den Güter­verkehr

10. Juni 2024

Für die Verkehrs- und Raumplanung ist es wichtig, die Entstehung und Verteilung des Verkehrs zu verstehen. In den Modellen dazu steht meist der Personenverkehr im Fokus. In seinem neuen Gesamtverkehrsmodell vertieft der Kanton Zürich den Blick auf den Güterverkehr und integriert ihn erstmals als Teilmodell. Das Güterverkehrsmodell erstellt hat INFRAS.


Der Güterverkehr ist selbstverständlicher Bestandteil des alltäglichen Verkehrsgeschehens und damit auch Teil der Herausforderungen in der Verkehrsplanung. (Foto: Keystone-SDA / EQ Images / Andy Mueller)
Der Güterverkehr ist selbstverständlicher Bestandteil des alltäglichen Verkehrsgeschehens und damit auch Teil der Herausforderungen in der Verkehrsplanung. (Foto: Keystone-SDA / EQ Images / Andy Mueller)

Der Güterverkehr spielt im Kanton Zürich eine bedeutsame Rolle. Gemessen an der Transportmenge werden mehr als ein Fünftel aller in der Schweiz transportierten Güter auf Strassen und Schienen im Kanton Zürich befördert. Das bedeutet: etwa eine halbe Million Tonnen Güter pro Werktag. Rund 90 Prozent der Transportmenge ist dabei auf der Strasse unterwegs. Fast die Hälfte des Gesamtaufkommens ist Binnenverkehr, wird also ausschliesslich innerhalb des Kantons Zürich transportiert.

Nicht nur die Transportmenge entscheidet über verstopfte Strassen

Güterverkehr ist zu einem grossen Teil Baustellenverkehr: etwa die Hälfte der Transportmenge steht im Zusammenhang mit Bautätigkeiten, also dem Transport von Steinen, Erden und Baustoffen. Der Baustellenverkehr steht in der öffentlichen Wahrnehmung wohl weniger im Vordergrund, ist aber damit ein prägendes Element des Güterverkehrs.

Für Probleme im Strassenverkehr sind aber häufig auch die Fahrleistungen verantwortlich – also die Fahrt eines Fahrzeugs von A nach B. Hier sind Lieferverkehr und Paketdienste ein relevanter Faktor. Sie haben einen relativ hohen Anteil an den Fahrleistungen, obwohl sie bei der Transportmenge nicht vorne dabei sind. Der Anteil von Paketen an der Transportmenge liegt zum Beispiel unter fünf Prozent.

Modellierung hilft, die Realität herunterzubrechen

Um solche Zusammenhänge und damit auch Probleme des Strassenverkehrs erkennen zu können, kann die Modellierung des Güterverkehrs hilfreich sein.

Mit dem Güterverkehr bzw. mit der Logistik sind in der Praxis allerdings sehr komplexe Vorgänge verbunden. Dies in einem Modell abzubilden ist entsprechend anspruchsvoll. Oft fehlen Datengrundlagen. Aber selbst wenn solche Daten vorhanden wären, kann die mathematische Abbildung von Entscheidungsprozessen die Realität nicht vollständig abbilden.

Aggregierte Methode zur Modellierung des Güterverkehrs

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, hat INFRAS eine Methode entwickelt, mit der gestuft der Betrachtungsgegenstand disaggregiert, also aufgeschlüsselt, wird. Die Methode ist bereits auf nationaler Ebene im Einsatz. Das Vorgehen ist dabei wie folgt:

  • Gestartet wird auf einer räumlich stark aggregierten Ebene, hier mit Bezug auf den Kanton Zürich respektive auf das Modellgebiet.
  • Zuerst wird der Gesamtverkehr betrachtet, also unabhängig davon, ob der Verkehr auf Strasse oder Schiene stattfindet.
  • Der Gesamtverkehr wird nach Warengruppen differenziert, wobei zur Vereinfachung Aggregationen einzelner Güterarten erfolgen.
  • Das Aufkommen der Warengruppen wird in Abhängigkeit von sozioökonomischen Kenngrössen geschätzt. Neben raumstrukturellen Daten (bspw. Einwohner, Arbeitsplätze, Flächen) können dafür auch Daten zur Wirtschaftsstruktur benutzt werden (z.B. Wertschöpfung einzelner Branchen).
  • Eine weitere Differenzierung kann nach den sogenannten Verkehrsarten vorgenommen werden. Für das Gesamtverkehrsmodell Zürich wurde nach Binnenverkehr, nach Transporten zwischen Zürich und der übrigen Schweiz sowie nach grenzüberschreitenden Importen und Exporten unterschieden.
  • Danach erfolgt die Verkehrsmittelwahl – im vorliegenden Fall zwischen Strasse, Schiene und kombiniertem Verkehr. Dabei kann neben einer trendbasierten Funktion auch eine kostenbasierte Nachfrageelastizität eingesetzt werden.
  • Für den Strassengüterverkehr kann dann die Transportmenge über Beladungsgrade in Fahrten «übersetzt» werden.
  • Diese «aggregierten» Entwicklungen respektive Zustände können im Anschluss auf feinräumlich aufgelöste Wunschlinien- bzw. Fahrtenmatrizen übertragen werden.
  • Bei Bedarf können mit dem Modell auch diese Matrizen auf dezidierte strukturelle Veränderungen in einzelnen Teilräumen – z.B. bei Entwicklungsgebieten, Umnutzungen oder neuen Standorten – angepasst werden.

Gesamtverkehrsmodell Kanton Zürich

Das Güterverkehrsmodell ist Teil des aktualisierten Gesamtverkehrsmodells des Kantons Zürich. Die Aktualisierung vorgenommen hat eine Arbeitsgemeinschaft der Firmen TransOptima, EBP, TransSol, INFRAS und VMZ Berlin. Die Federführung lag bei TransOptima. INFRAS hat innerhalb der Arbeitsgemeinschaft das Güterverkehrsmodell erstellt. Mit der Integration des Güterverkehrsmodell in das Gesamtverkehrsmodell ist Zürich auf kantonaler Ebene ein Vorreiter.

Das Gesamtverkehrsmodell umfasst Nachfrageerzeugung, Ziel- und Verkehrsmittelwahl sowie Routensimulation. Im Personenverkehr werden motorisierter Individualverkehr (MIV), öffentlicher Verkehr sowie Fuss- und Veloverkehr berücksichtigt. Neben dem Basisjahr 2019 beinhaltet das Modell auch zwei Prognosezustände für 2040.

Weitere Informationen

Verkehrsmodellierung ist bei INFRAS Bestandteil der Arbeit bei vielen Fragestellungen, insbesondere in den Bereichen Verkehrsplanung und Verkehrsökonomie. Weitere Hintergründe zur Methode finden Sie in folgendem Webbeitrag:

Weiterführende Links zum Thema

Projektteam

Lutz Ickert Bereichsleiter, Partner
Raphael Grässli Wissenschaftlicher Berater

Projekt

Gesamtverkehrsmodell des Kantons Zürich (GVM-ZH 2)

Laufzeit

2021 - 2023

Themen


Leistungen


Auftraggeber

Kanton Zürich, Amt für Mobilität

Kontakt

Lutz Ickert Bereichsleiter, Partner