«Climate-Alignment-Daten» helfen Investorinnen und Investoren, die künftige Klimaperformance von Unternehmen einzuschätzen. Zu welchen Anreizen und Fehlanreizen diese Daten führen können, hat INFRAS in Kooperation mit der Universität St. Gallen für das Bundesamt für Umwelt (BAFU) untersucht.
Um die internationalen und nationalen Klimaziele zu erreichen, müssen auch die Finanzströme auf diese Ziele ausgerichtet sein. Sogenannte Klimaverträglichkeitsmethoden (englisch: «climate alignment methods») haben dadurch an Bedeutung gewonnen. Im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (BAFU) hat INFRAS zusammen mit der Universität St. Gallen die Vor- und Nachteile dieser Methoden analysiert und Empfehlungen zur Anwendung erarbeitet.
Künftige Klimaperformance von Unternehmen
Klimaverträglichkeitsmethoden fokussieren auf die künftige Klimaperformance von Unternehmen. So können InvestorInnen gezielt in Unternehmen investieren, die sich klimafreundlich entwickeln wollen. Dazu gehören beispielsweise Firmen, die nachhaltige Technologien in Sektoren voranbringen, für die es bislang kaum nachhaltige Lösungen gibt – etwa bei der Zementherstellung. Gleichwohl kann dieser zukunftsgerichtete Fokus der Klimaverträglichkeitsmethoden auch zu Fehlanreizen führen.
Klimaverträglichkeitsdaten alleine reichen nicht aus
Klimaverträglichkeitsdaten sind nicht für alle Investitionen geeignet – aufgrund ihrer Zukunftsgerichtetheit können sie weitreichende Fehlanreize erzeugen. Sie zeigen beispielsweise nicht, ob wirtschaftliche Aktivitäten eines Unternehmens bereits heute (nahe) netto-Null sind. In diese Aktivitäten sollte investiert werden, damit sie ausgeweitet und nicht nachhaltige Technologien rasch ersetzen können. Ebenso decken Klimaverträglichkeitsmethoden nicht auf, ob wirtschaftliche Aktivitäten prinzipiell nicht mit netto-Null vereinbar sind, wie z.B. Erdölförderung oder Kohlestrom. Diese wirtschaftlichen Aktivitäten sollten raschmöglich desinvestiert werden. Sie z.B. via Engagement in kleinen Schritten zu verbessern, bedeutet, wertvolle Zeit zu verlieren für einen Strukturwandel, der rasch erfolgen muss.
Um die Klimawirksamkeit von Investitionen sicherzustellen und Fehlanreize zu vermeiden, ist es daher unerlässlich, neben Klimaverträglichkeitsdaten weitere Daten zu verwenden. Diese sollten insbesondere die aktuelle Klimaperformance investierter Unternehmen zuverlässig widerspiegeln.
Unsicherheit von Prognosen und methodische Diskrepanzen
Herausforderungen bei Klimaverträglichkeitsmethoden sind des Weiteren ihre Unsicherheit und aktuelle methodische Diskrepanzen.
- Je grösser der Zeithorizont und je weniger «sichere» Fakten als Anhaltspunkte zur Verfügung stehen, desto diffuser sind Prognosen. Umso wichtiger ist, dass Vorhersagen zur künftigen Klimaperformance von Unternehmen auf möglichst glaubwürdigen und stichhaltigen Informationen basieren. Diese können Unsicherheiten jedoch nur reduzieren, nicht beheben.
- Die aktuell verfügbaren Klimaverträglichkeitsmethoden unterscheiden sich methodisch teilweise stark. Entsprechend verschieden fallen auch deren Resultate aus. Problematisch ist das vor allem dann, wenn die Alignment-Resultate für den gleichen Verwendungszweck angedacht sind – z.B. für das Reporting des sogenannten Erwärmungspotenzials eines Portfolios. Um dem zu begegnen, gibt es zwei Ansatzpunkte: Einerseits sollten Methoden, die dem gleichen Verwendungszweck dienen, möglichst konsistente Annahmen und Methodenentscheide treffen, um die Verlässlichkeit und Vergleichbarkeit der Alignment-Resultate sicherzustellen. Andererseits sollten die jeweils geeignetsten Methoden komplementär für verschiedene Verwendungszwecke verwendet werden.
Weitere Informationen
Der Bundesrat hat am 29. Juni 2022 die «Swiss Climate Scores» lanciert, der viele Empfehlungen aus der Studie enthält.