Im Interview erklärt INFRAS-Projektleiterin Madeleine Guyer, wie Blockchain-Technologien für den Klimaschutz genutzt werden können und welche Ziele die Climate Ledger Initiative verfolgt.
Mit Blockchain-Technologien zu den Klimazielen des Paris Agreements beitragen: Dieses Ziel verfolgt die Climate Ledger Initiative (CLI). Im Jahr 2017 haben INFRAS, Cleantech21 und Gold Standard die Multi-Stakeholder-Initiative gegründet. Finanziert wird sie unter anderem von der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) der Schweiz und dem Ministerium für Äusseres, Justiz und Kultur des Fürstentums Lichtenstein.
Madeleine, beim Klimaschutz denken wohl die wenigsten als erstes an Blockchain-Technologien. Warum sieht die Climate Ledger Initiative gerade hier Potenzial?
Guyer: Im Pariser Klimaabkommen haben sich die Länder dazu verpflichtet, aufzuzeigen, mit welchen Massnahmen sie ihre Treibhausgasemissionen reduzieren. Für das Reporting sind oft staatliche Stellen zuständig. Dieses System ist jedoch fehleranfällig: Ob die Daten glaubwürdig und korrekt sind, ist nicht immer garantiert. Blockchain bietet im Klimaschutz grosses Potenzial: Daten zu Klimaschutzmassnahmen können dezentral erfasst und gespeichert werden. Systemteilnehmende können diese einsehen und verifizieren. Das ermöglicht eine höhere Transparenz – auch in Staaten, mit vergleichsweise schwächeren Governance-Strukturen. Wichtig dabei ist jedoch ein effizienter Stromverbrauch – denn dieser ist bei vielen Blockchains derzeit leider noch viel zu hoch.
Die Climate Ledger Initiative fördert Pilotprojekte in Entwicklungsländern – welche genau?
Guyer: Ein Beispiel ist das Projekt «Wood Tracking Protocol» in Peru. Es soll helfen, den illegalen Holzschlag einzudämmen. Mit einer App kann der legale Holzschlag im Regenwald des Amazonasgebiets nachverfolgt werden. Die App zeichnet den Weg eines gefällten Baums auf: Wann und wo wurde der Baum gefällt, über welchen Hafen verschifft und wo weiterverarbeitet? Das Projekt liefert Daten, anhand derer man sich gezielt über die nachhaltige Herkunft und den Transportweg des Holzes informieren und sich dadurch für legal geschlagenes Holz entscheiden kann. So etwas ist auch für andere Wirkungs- und Lieferketten denkbar.
Wie wählt ihr die Projekte aus?
Guyer: Die Climate Ledger Initiative lanciert Open Calls auf der Webseite. Interessierte können sich mit einer Projektidee bewerben. Eine Jury wählt die Projekte aus. Wir fokussieren auf Projekte, die sich mit innovativen Technologien befassen und die ein Potenzial zur Skalierbarkeit aufweisen. Wir achten darauf, dass mit den Projekten neben klimatischen Verbesserungen auch weitere Ziele der Nachhaltigen Entwicklung erreicht werden können.
Wie bringt ihr die unterschiedlichen Akteure an einen Tisch?
Guyer: Die Climate Ledger Initiative verbindet zwei Welten: TechnologieexpertInnen sowie ExpertInnen für Klimafragen und -policies. Um das Potenzial von Blockchain zu nutzen, wollen wir den Austausch und die Zusammenarbeit zwischen den jeweiligen Fachpersonen fördern. Dazu arbeiten wir mit verschiedenen Ländern und Organisationen zusammen: Beispielsweise der Weltbank, der Inter-American Development Bank (IADB) oder der Blockchain-Vereinigung (INATBA). In Webinars und Workshops bieten wir Austauschmöglichkeiten zu interdisziplinären Fragestellungen. Einmal jährlich veröffentlichen wir einen Flagship Report zu ausgewählten Themen und laufenden Projekten.
Open-Call: Deadline am 20. April 2021
Aktuell läuft der Open Call for use cases 2021. Noch bis zum 20.4.2021 können Projekte bei der Climate Ledger Initiative eingereicht werden. Weitere Informationen hier.
Weitere Informationen
- Webseite Climate Ledger Initiative
- Climate Ledger Initiative auf LinkedIn
- Flagship Report 2020 (frühere Ausgaben:2019, 2018)