Seit Jahren wachsen die Ausgaben zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP). Verantwortlich dafür sind u.a. Demografie und medizinischer Fortschritt, aber auch Faktoren, die nicht medizinisch erklärbar sind. INFRAS hat im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit (BAG) untersucht, wie Kostenziele im Gesundheitswesen ausgestaltet sein könnten.
In den letzten 20 Jahren stiegen die Ausgaben der OKP im Schnitt um rund 4.5% pro Jahr. Dies belastet sowohl die privaten Haushalte als auch den Bund und die Kantone. Deshalb hat der Bundesrat 2018 ein Kostendämpfungsprogramm verabschiedet. Mit zwei Massnahmenpaketen will er das Ausgabenwachstum bremsen. Die Einführung von Kostenzielen im Gesundheitswesen auf nationaler, kantonaler und auf Ebene der Kostenblöcke steht im Zentrum des zweiten Pakets, das aktuell im Parlament diskutiert wird.
Künftiges Ausgabenwachstum im Voraus festlegen
Mit Kostenzielen wird das maximale Wachstum der OKP-Ausgaben im Voraus für ein bestimmtes Jahr verbindlich festgelegt. Dies soll Anreize schaffen, dass die Leistungserbringer nicht notwendige medizinische Leistungen reduzieren. Denn wenn sie das vordefinierte Ziel überschreiten, müssen die Kantone prüfen, ob Korrekturmassnahmen nötig sind, wie beispielsweise eine Anpassung der Tarife.
Modell für die Herleitung einer Zielvorgabe entwickelt
INFRAS hat für das BAG ein Modell entwickelt, mit dem das maximal zulässige Wachstum der OKP-Ausgaben künftig hergeleitet werden könnte. Das Modell berücksichtigt relevante Einflussfaktoren wie die Entwicklung der Demographie, der Morbidität, der Löhne und der Teuerung sowie den medizinischen Fortschritt. Basierend darauf hat INFRAS beispielhaft Kostenziele für die Jahre 2019-2021 berechnet. Für die betrachteten Jahre wäre das maximal zulässige Ausgabenwachstum der OKP auf nationaler Ebene bei 2.8% bis 3% gelegen, anstelle des effektiven Wachstums von durchschnittlich 4.5%.
Ein Kostenwachstum aufgrund des medizinisch-technischen Fortschritts muss jedoch noch hinzuaddiert werden. Dieses ist aus der Literatur und den Daten nicht eindeutig ableitbar und soll daher durch ein Expertengremium festgelegt werden. Nicht im Modell berücksichtigt ist, wie sich die Pandemie auf das Ausgabenwachstum ausgewirkt hat, da die Analysen vor Pandemiebeginn durchgeführt worden sind.
Zielvorgabe auf mehrere Jahre abstützen
Aus den durchgeführten Analysen hat INFRAS eine Reihe von Empfehlungen abgeleitet. Unter anderem sollten sich die Kostenziele auf einen mehrjährigen Zeithorizont abstützen, um Schwankungen der Determinanten im Modell zu glätten. Das Modell sollte zudem alle drei bis fünf Jahre rückwirkend nachjustiert werden, wenn Parameter wie z.B. die Inflation oder das Reallohnwachstum in der Realität stark von der Prognose abgewichen sind oder wenn wesentliche politische Eingriffe stattgefunden haben.
Als Bestandteil des Mandats prüfte INFRAS auch die Datenlage, die für das Modell zur Berechnung der Kostenziele massgebend ist. Die Ergebnisse sind im Schlussbericht «Zielvorgabe und Datenbedarf» zu finden. Zudem wurden in einem separaten Bericht Fragen zur praktischen Umsetzung von Zielvorgaben auf kantonaler Ebene diskutiert.
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