Starkregen, Stürme, Dürre: Durch den Klimawandel werden Extremwetterereignisse häufiger und heftiger. Um die Schäden systematisch zu erfassen und zu beziffern, hat das Deutsche Umweltbundesamt INFRAS beauftragt, ein Konzept für ein nationales Schadenkataster zu erarbeiten.

Die Überschwemmungen im Ahrtal im Juli 2021 gehen als eine der verheerendsten Naturkatastrophen Deutschlands in die Geschichte ein. Und auch als eine der teuersten. Allein die versicherten Schäden werden auf rund 8.5 Mia. Euro geschätzt. Bund und Länder stellten rund 30 Mia. für Wiederaufbauprogramme zur Verfügung. Wie viele Kosten extremwetterbedingte Schadenereignisse in Deutschland Jahr für Jahr verursachen, ist nicht vollständig bekannt, weil die Schäden bisher nicht systematisch erfasst werden.
Deshalb hat die Bundesregierung beschlossen, ein nationales Schadenkataster für klimabedingte Extremwetterereignisse aufzubauen, um einerseits Anpassungsmassnahmen an den Klimawandel besser planen und begründen zu können. Andererseits lassen sich damit auch Massnahmen zur Reduktion von Emissionen besser rechtfertigen. INFRAS hat in Zusammenarbeit mit dem deutschen Partner Adelphi den Prototypen für einen solchen Kataster entwickelt.
Qualität verschiedener Datensätze geprüft
Das Konzept baut zum einen auf bereits bestehenden Richtlinien und Praxisbeispielen von Schadendatenbanken auf. Zum anderen orientiert es sich an den Bedürfnissen staatlicher und privatwirtschaftlicher Akteure, die im Rahmen des Projekts befragt wurden. Für das Konzept standen die häufigsten Schaden- und Ereignistypen im Fokus: Schäden an Gebäuden und Infrastruktur durch Starkregen, Sturzfluten und Überschwemmungen, Schäden in der Landwirtschaft durch Dürre, Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit durch Hitze sowie Schäden an Ökosystemen.
Daten dazu liegen von verschiedenen Akteuren vor – von Versicherungen und Rückversicherungen, von staatlichen Institutionen wie dem Deutschen Wetterdienst oder der Deutschen Bahn, von Bundesämtern und Kommunen. Sie unterscheiden sich aber wesentlich in Umfang und Qualität. «Gut aufbereitete, konsistente und national vergleichbare Daten sind die Grundlage für einen aussagekräftigen Schadenkataster», sagt Quirin Oberpriller, Klimaökonom bei INFRAS. «Ein Schwerpunkt dieses Projekts war es deshalb, die potenziellen Datenquellen im Detail zu analysieren und deren Nutzen für das Kataster auszuloten.»
Anfangen mit dem, was da ist
Der entwickelte Kataster und die verfügbaren Datensätze wurden anhand von drei Fallbeispielen getestet: einer Flussüberschwemmungen von Donau und Elbe im Juni 2013, den Dürresommern 2018 und 2019 sowie der Sturzflut im Juli 2021 im Ahrthal. Dabei zeigte sich, dass die Datenlage zu dürftig ist. «Die Daten sind heterogen und lückenhaft. Extremwetterschäden lassen sich damit nur unvollständig abbilden», sagt Oberpriller.
Ein weiterer wichtiger Aspekt des Projekts war die Klimaattribution – die Differenzierung von Schäden, die auf den Klimawandel zurückzuführen sind, und Schäden, die auch ohne Klimawandel eingetreten wären. Dabei hat sich gezeigt, dass der Stand der Forschung noch keine verlässliche Ableitung eines Attributionsfaktors zulässt.
Das von INFRAS entwickelte Konzept wird trotz diesen Einschränkungen in die Umsetzung gehen. «Es ist wichtig, mit dem anzufangen, was da ist, und den Kataster dann sukzessive zu verbessern und zu erweitern», hält Oberpriller fest. Wie der Prototyp in Zukunft weiterentwickelt werden kann, zeigen die Forschenden mit konkreten Empfehlungen auf.
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