Im Zuge der Dekarbonisierung rücken auch Schneepflüge und Co. in den Fokus. Erste Kantone setzen sich mit dem Umstieg auf fossilfrei betriebene Winterdienstfahrzeuge auseinander. INFRAS hat die konzeptionellen Grundlagen für die Elektrifizierung einer kantonalen Winterdienstflotte erarbeitet.
So leise wie er fällt, liesse sich der Schnee auch von den Strassen räumen – mit elektrisch betriebenen Winterdienstfahrzeugen. Noch werden praktisch alle Geländewagen, Traktoren oder Lastwagen, die für den Winterdienst zum Einsatz kommen, fossil betrieben, mehrheitlich mit Diesel. Das könnte sich in Zukunft ändern, denn die Kantone suchen im Hinblick auf Netto-Null nach Lösungen, um ihre Fahrzeugflotten zu dekarbonisieren. Wie könnte ein fossilfreier und emissionsarmer Winterdienst aussehen? INFRAS hat im Auftrag eines Kantons verschiedene Alternativen evaluiert und Empfehlungen erarbeitet.
Schwieriges Einsatzgebiet für Batterie-Antrieb
Bei Schneefall rücken in der Regel alle Winterdienstfahrzeuge gleichzeitig aus und sind viele Stunden am Stück intensiv im Einsatz. Damit Schneepflüge mit batterie-elektrischem Antrieb diese Leistung erbringen können, wären einerseits grosse Batterien mit langer Laufzeit und kurzer Ladedauer nötig. Und andererseits bräuchte es ausreichend Ladestationen für paralleles Aufladen mehrerer Fahrzeuge.
«Eine Winterdienstflotte von rund 100 Fahrzeugen zu elektrifizieren, ist eine grosse Herausforderung», sagt Roberto Bianchetti, Leiter der Studie und Elektromobilitätsexperte bei INFRAS. Gemäss der Kostenschätzung, die INFRAS zusammen mit Swisscharge exemplarisch für drei Standorte im Kanton vorgenommen hat, würde insbesondere der Ausbau der Ladeinfrastruktur hohe Investitionen erfordern. «Und das für verhältnismässig wenig Einsätze pro Jahr», so Bianchetti.
Fahrzeugangebot, Treibstoffverfügbarkeit und Kosten entscheidend
Batterie-elektrische Antriebe sind nicht die einzige fossilfreie Option. Denkbar wären auch Fahrzeuge, die mit Wasserstoff oder mit E-Fuels, also synthetischen, mithilfe von Strom erzeugten Treibstoffen, betrieben werden. INFRAS hat diese Alternativen geprüft und mit der batterie-elektrischen Lösung hinsichtlich verschiedener Faktoren verglichen: Verfügbarkeit an Fahrzeugen, Verfügbarkeit des jeweiligen Treibstoffs, Gesamtkosten, Effizienz und Emissionsreduktion.
Bei batterie-elektrisch betriebenen Nutzfahrzeugen ist innerhalb der nächsten zehn Jahre mit einer guten Abdeckung zu rechnen, wie die Marktanalyse von INFRAS ergeben hat. Die Entwicklung von Wasserstoff-Fahrzeugen wird da nicht mithalten können. Bei den E-Fuels, die in herkömmlichen Verbrennungsmotoren zum Einsatz kommen, ist die Verfügbarkeit von Fahrzeugen bereits jetzt gegeben.
Entwicklung bei Wasserstoff und E-Fuels unsicher
Die Verfügbarkeit von E-Fuels ebenso wie von Wasserstoff ist noch sehr unsicher. Auch weil die künftige Nachfrage nach diesen Treibstoffen in gewichtigen Sektoren wie der Luftfahrt oder der Industrie, in denen batterie-elektrische Antriebe keine Option sind, gross sein dürfte. Bei Wasserstoff-Fahrzeugen kommt nachteilig hinzu, dass eine Adaption der Tankstelleninfrastruktur erforderlich wäre.
In den meisten Fahrzeugkategorien wäre der Wasserstoff-Antrieb die teuerste Option, etwas tiefer liegen die Kosten der batterie-elektrischen Lösung. Am günstigen wäre der Umstieg auf E-Fuels, allerdings nur wegen der geringen jährlichen Fahrleistung der Winterdienstfahrzeuge. Zudem erzeugen Schneepflüge, die mit synthetischen Treibstoffen fahren, ebenso Lärm und Luftschadstoffe wie jene mit Diesel-Antrieb.
Batterien schneiden am besten ab
«Eine batterie-elektrische Winterdienstflotte ist trotz der hohen Kosten die vorteilhafteste Lösung, weil sie die beste Verfügbarkeit bietet und dazu den Anforderungen an Effizienz und Emissionsreduktion am besten gerecht wird», resümiert Roberto Bianchetti. Wie klimafreundlich ein fossilfreier Winterdienst ist, hängt letztlich aber vom Strom ab, mit dem Batterien geladen oder Wasserstoff und E-Fuels erzeugt werden. «Der Ausbau erneuerbarer Energie ist daher die wichtigste Voraussetzung für die Dekarbonisierung einer Winterdienstflotte.»
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