Nichts gegen den Verlust der Biodiversität zu tun, hat seinen Preis. INFRAS hat im Auftrag des Bundes erstmals für die Schweiz die Cost of Inaction für zwei Aspekte des Insektensterbens beziffert. Thema der Studie sind auch die Herausforderungen einer solchen Monetarisierung von Ökosystemleistungen.
Die Kosten des Nicht-Handelns (COI) bieten eine konzeptionelle Brücke zwischen Ökologie und Ökonomie. Mit quantitativen Werten – also einem «Preisschild» – erhöhen sie die Chance, dass der Schutz von Umweltressourcen gesellschaftlich als dringlicher erkannt werden. Denn in der ökonomischen und politischen Diskussion um den Wert von Ökosystemleistungen (ÖSL) gehen qualitative Argumente allein oft unter.
Für das Bundesamt für Umwelt und in Zusammenarbeit mit faunatur zeigt INFRAS in einer Studie für die Schweiz eine konkrete ökonomische Grösse zu den COI, und zwar für erste Teilaspekte von Ökosystemleistungen im Bereich Insektensterben.
Das Insektensterben bedroht für den Mensch zentrale Ökosystemleistungen
Viele Insektenarten haben in den vergangenen Jahrzehnten teilweise dramatische Bestandsrückgänge erlitten. Insekten erbringen für den Menschen zentrale Ökosystemleistungen: sie bestäuben beispielsweise einen Grossteil der Pflanzen (u.a. in der Landwirtschaft) und tragen zu deren Verbreitung und Vermehrung bei. Sie bilden auch eine direkte Nahrungsgrundlage für viele andere Tiere und spielen eine Schlüsselrolle für die Stabilität von Nahrungsnetzen – sind also zentraler Bestandteil des ökologischen Gleichgewichts.
Wie der Wert der Insekten-Arbeit ermittelt wird
Der vorliegende Bericht monetarisiert zwei Aspekte der breiten Palette an ÖSL von Insekten grob. So soll aufgezeigt werden, welchen Wert ein solcher Einzelaspekt aufweist.
Bei der Ermittlung der COI werden methodisch die Kosten für den Ersatz einer Ökosystemleistung ermittelt, wenn Insekten diese nicht mehr oder in geringerem Umfang erbringen (z.B. Handbestäubung von ausgewählten Kulturpflanzen). Für die Studie wurden zwei COI-Szenarien zum Insektensterben untersucht:
- Ersatz von Insekten zur Bestäubung von Nutzpflanzen sowie
- Ersatz von Insekten als Nahrungsgrundlage für Brutvögel.
Die beiden COI-Szenarien helfen – mit etlichen Annahmen und Einschränkungen – illustrative Kostenelemente zu den Folgen des Insektensterbens in der Schweiz aufzuzeigen, falls nichts dagegen getan würde.
Zahlen geben nur eine Ahnung des möglichen Gesamtschadens
Der Bericht zeigt: Die Kosten des Nicht-Handelns in den Bereichen Bestäubung und Nahrung für Brutvögel belaufen sich auf 150 bis 350 Mio. CHF pro Jahr. Dass bereits die Monetarisierung von zwei Teilaspekten und damit einem sehr kleinen Ausschnitt der vielgefächerten ÖSL von Insekten solche Grössenordnungen aufweist, verdeutlicht den immensen Wert der unzähligen Aspekte der ÖSL von Insekten. Die gesamten Schäden des Nicht-Handelns beim Insektensterben müssen volkswirtschaftlich daher sehr bedeutend sein.
«Der Wert der vielseitigen, durch Insekten erbrachten Ökosystemleistungen ist schwer zu beziffern», sagt INFRAS-Geschäftsleiter Martin Peter zur Studie. Man stehe erst am Anfang der Forschung: «Wir verstehen den vorliegenden Bericht als Diskussionsbeitrag – einerseits für die wissenschaftlich-methodische Weiterentwicklung von Inwert-Setzungen und andererseits als eine mögliche Diskussionsgrundlage für Politik und Gesellschaft.»
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Cost of Inaction als ergänzende Argumentationsebene bei Ökosystemleistungen
Die Kosten des Nicht-Handelns bieten einen wichtigen Diskussionszugang zu Themen des Umweltschutzes. Wie zentral diese Ebene ist und von wie hoher gesellschaftlicher, ökologischer sowie wirtschaftlicher Relevanz, zeigte das breite Echo zum im Januar 2021 publizierten Dasgupta Review. Der Bericht hat versucht den Wert der Natur zu beschreiben.
- Link zum Dasgupta-Bericht (Englisch)