Für den Bau und Betrieb von Eisenbahninfrastruktur sowie für die regelmässige, gewerbliche Personenbeförderung ist eine Konzession des Bundes notwendig. INFRAS hat zusammen mit KCW und der Universität St.Gallen das Instrument der Konzession evaluiert. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) prüft nun Anpassungen im Konzessionsrecht.
Seit 1873 vergibt der Bund Eisenbahnkonzessionen in der Schweiz. Rund 150 Jahre später besteht das Instrument noch immer: Sowohl um Eisenbahninfrastruktur zu bauen und zu betreiben als auch um Personen regelmässig und gewerblich zu befördern, ist eine Konzession des Bundes erforderlich. Inwiefern sind Konzessionen heute noch sachdienlich? Haben sie sich bewährt? Und fördern oder behindern Konzessionen Entwicklungen im Öffentlichen Verkehr eher? Diesen und weiteren Fragen ist INFRAS zusammen mit KCW und Peter Hettich, Professor für Öffentliches Wirtschaftsrecht an der Universität St.Gallen, nachgegangen. Im Auftrag des Bundesamts für Verkehr (BAV) hat das Projektteam das Konzessionsrecht in den Bereichen Eisenbahninfrastruktur und Personenbeförderung evaluiert (Schlussbericht).
Konzessionen haben sich auch im Zeitalter der Bahnreform bewährt
Für die Evaluation hat das Projektteam neben umfangreichen Dokumenten- und Prozessanalysen, einem sektoralen und internationalen Vergleich sowie Experteninterviews und -workshops, insgesamt 108 der rund 375 Konzessionäre in der Schweiz online befragt. Diese haben sich in der Umfrage Ende 2019 grossmehrheitlich sehr zufrieden mit dem Instrument der Konzession gezeigt: Die befragten Unternehmen schätzen insbesondere die gegebene Planungs- und Rechtssicherheit sowie den Investitionsschutz. INFRAS-Bereichsleiterin Anne Greinus: «Konzessionen im ÖV haben sich grundsätzlich bewährt. Sie verhindern Wildwuchs, verbessern die Planbarkeit und stellen die Qualität des Angebots sicher. Ausserdem schaffen sie Transparenz, Einheitlichkeit und Regeln, die die Entwicklung im ÖV fördern können.»
Konzessionen im ÖV beibehalten – aber auch vereinfachen
Grundsätzlich empfehlen die Studienautorinnen und -autoren, Konzessionen in den Bereichen Infrastruktur und Personenbeförderung beizubehalten. Gleichwohl sehen sie aber auch Verbesserungsbedarf. Greinus: «Trotz aller Chancen birgt die mit Konzessionen erreichte Stabilität das Risiko, dass der ÖV zu unflexibel reagiert und Innovationen behindern werden könnten.» Bei der Bahninfrastruktur könnte die Konzession an ein Unternehmen im Sinne einer Betriebsbewilligung statt für spezifische Eisenbahnstrecken vergeben werden. Zudem ist eine Vereinfachung des Verfahrens bei Erteilung und Ausdehnung einer Konzession zu prüfen. Sinnvoll könnte zudem sein, dass das Bundesamt für Verkehr zentrale Konzessionsbehörde wäre. Hinsichtlich der Personenbeförderungskonzession hat das Evaluationsteam drei zentrale Empfehlungen: Die Abgrenzung der Konzessionspflicht und Legaldefinitionen der Marktbereiche im ÖV prüfen, den Prozess und die Fristen mit anderen Prozessen abstimmen und Konzessionen nach verschiedenen Zwecken im ÖV differenzieren, beispielsweise je nachdem, ob es sich um touristische oder neue, innovative Angebote handelt. Auch der vermehrte Einsatz von Gebietskonzessionen und eine Output-orientierte Steuerung kann sinnvoll sein.
Weitere Informationen
- Schlussbericht
- Newsbeitrag des Bundesamts für Verkehr zur Evaluation (März 2021)