Der Vorstand des Integrity Council for the Voluntary Carbon Market (ICVCM) hat kürzlich drei Methoden zur Wirkungsmessung von Waldprojekten (REDD) das «CCP»-Label für hohe Umweltintegrität zugesprochen: ART TREES v2.0 (ohne HFLD und Removal), VM00048 v1.0 und VCS JNR v4.1. Dies ist die erste ICVCM-Entscheidung zu REDD-Methoden. Sie stellt damit einen Präzedenzfall für diese Art von Waldprojekten dar.
Gemäss meiner Einschätzung erfüllen diese Methoden in ihrer jetzigen Form nicht die Anforderungen des Assessment Framework in Bezug auf Additionalität, robuste Quantifizierung und Permanenz, wie sie die Core Carbon Principles (CCP) verlangen würden. Zusammen mit weiteren ICVCM-Experten begründen wir dies in einem Blogpost auf der INFRAS-Website und der Website des Öko-Instituts.
Ich glaube an die Vision des ICVCM: Build integrity and scale will follow. Integrität muss zunächst erworben werden, erst dann kann die Skalierung folgen, nicht umgekehrt.
Die derzeitigen Methoden bieten zwar echte Verbesserungen gegenüber früheren Ansätzen. Sie stellen aber nicht sicher, dass die Zertifikate eine ausreichende Umweltintegrität aufweisen. Die Entscheidung des ICVCM könnte die Qualität des ICVCM-Bewertungsprozesses als Ganzes in Frage stellen und birgt Risiken für die Umweltintegrität.
REDD-Waldprojekte stellen vergleichsweise grosse Aktivitäten auf dem freiwilligen Kohlenstoffmarkt dar. Mit seiner Entscheidung riskiert der ICVCM, dass der Markt mit Millionen von Zertifikaten mit CCP-Label aus Aktivitäten beliefert wird, die nicht additionell sind, deren Wirkung deutlich überschätzt wird und welche von geringer Permanenz sind.
Ich habe mich deshalb nach drei spannenden und intensiven Jahren entschlossen, vom ICVCM-Expertengremium zurückzutreten (bzw. meine Wiederbewerbung zurückzuziehen).
Für die gute Zusammenarbeit möchte ich mich herzlich bedanken bei: Annette Nazareth, Kelley Kizzier, Debbie Stowell, Amy Merrill, Daniel Ortega, Gabriel Labbate, Pedro Barata, Lambert Schneider, Derik Broekhoff, Gilles Dufrasne, Michael Gillenwater, Donna Lee, Quirin Oberpriller, Randall Spalding-Fecher, Jessica Wade-Murphy, Amr Osama Abdel-Aziz und allen anderen am ICVCM.
Jürg Füssler
Mitglied der Geschäftsleitung, INFRAS
Zürich, 10. Dezember 2024
Die in dieser Erklärung geäusserten Ansichten sind ausschliesslich meine eigenen und repräsentieren nicht die des ICVCM oder des ICVCM-Expertengremiums.
Zusätzliche Ressourcen zu Kreditqualität und Umweltintegrität (auf Englisch):
- Ausführlicher Blogpost zum ersten ICVCM-REDD-Entscheid auf der INFRAS-Website und der Website des Öko-Instituts
- Umfassende FAO-Publikation von L. Schneider, I. Haase, D. Broekhoff und T. Neeff zu Fragen der Nicht-Permanenz der derzeitigen landbasierten Kohlenstoffmarktaktivitäten und wie sie angegangen werden könnten
- Science-Paper von G. Wells, U. Pascual, C. Stephenson und C. M. Ryanon über grosse Unsicherheiten in den Modellen, die zur Schätzung der Veränderungen des Waldkohlenstoffs verwendet werden
- Die Carbon Credit Quality Initiative CCQI bietet eine gründliche Analyse zahlreicher Methoden, unter anderem für Avoided Planned Deforestation und Avoided Unplanned Deforestation
- Der Supervisory Body des Artikel-6.4-Mechanismus hat einen Standard festgelegt: Requirements for activities involving removals
- Calyx Global (Ratingagentur für Carbon Markets) schrieb einen ausgezeichneten Blogbeitrag über ihre Bewertung von VM0048: High quality? Only time will tell