Evaluation Krisenbewältigung

Hat der Bund angemessen auf die Corona-Pandemie reagiert?

27. April 2022

Haben Bund und Kantone in der Corona-Pandemie die richtigen Massnahmen getroffen und wie haben sich diese auf die Gesundheitsversorgung, Bevölkerung und Wirtschaft ausgewirkt? Im Auftrag des BAG hat INFRAS in einem Projektteam unter der Leitung von Interface die Krisenbewältigung bis Sommer 2021 untersucht.


Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr: Während der Corona-Pandemie mussten Passagiere in Bus und Bahn zweitweise Schutzmasken gegen die Verbreitung des Coronavirus tragen. (Foto: Keystone SDA)
Maskenpflicht im öffentlichen Verkehr: Während der Corona-Pandemie mussten Passagiere in Bus und Bahn zweitweise Schutzmasken gegen die Verbreitung des Coronavirus tragen. (Foto: Keystone SDA)

Die Corona-Pandemie hat Bund und Kantone stark gefordert. Im Auftrag des Bundesamts für Gesundheit (BAG) hat INFRAS zusammen mit Interface Politikstudien (Leitung) die Krisenbewältigung ab Ausbruch der Corona-Pandemie bis zum Sommer 2021 untersucht. Die Evaluation beleuchtet, wie Bund und Kantone vorbereitet waren, wie sie die Krisenbewältigung organisiert haben und wie wirksam die ergriffenen Gesundheitsmassnahmen waren. Die Analyse zeigt zudem die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Massnahmen.

Grundsätzlich gutes Zeugnis für Bund und Kantone

Insgesamt stellt die Evaluation den Akteuren ein gutes Zeugnis aus: Bund und Kantone haben die Krise bis Sommer 2021 mehrheitlich gut bewältigt und meistens angemessen auf die Bedrohungen reagiert. Die medizinische Versorgung in der Schweiz war sichergestellt, es kam zu keinem Kollaps des Gesundheitssystems. Zudem stiessen die Massnahmen auf breite Akzeptanz in der Bevölkerung, wie die repräsentative Bevölkerungsbefragung zeigt.

Verbesserungspotenzial in verschiedenen Bereichen

Die Evaluation weist aber auch auf diverse Lücken hin: So wurde beispielsweise die psychische Gesundheit bei der Massnahmengestaltung nicht angemessen berücksichtigt. Gerade für die ältere Bevölkerung in Alters- und Pflegeheimen oder Menschen in Betreuungsinstitutionen entstand wegen der strengen Massnahmen wie Besuchs- oder Ausgehverbot ein grosser psychischer Leidensdruck. Auch die Schulschliessungen im ersten Lockdown im Frühling 2020 belasteten Kinder und Jugendliche stark, möglicherweise mit einschneidenden Folgen für deren künftige Bildungsentwicklung.


Bund und Kantone mussten in der Krise verschiedene Grundrechte gegeneinander abwägen; den Schutz der Gesundheit und die Einschränkung von Freiheitsrechten. Die Grafik zeigt, wie die befragten Personen die Abwägung beurteilen. (Grafik: Infras)
Bund und Kantone mussten in der Krise verschiedene Grundrechte gegeneinander abwägen; den Schutz der Gesundheit und die Einschränkung von Freiheitsrechten. Die Grafik zeigt, wie die befragten Personen die Abwägung beurteilen. (Grafik: Infras)

Teilweise mangelhafte Vorbereitung und ungenügendes Krisenmanagement

Vor allem zu Beginn der Krise lief nicht alles optimal: Es dauerte lange, bis der Krisenmodus im BAG Einzug gehalten hatte und es fehlte grossflächig an Schutzmaterial. Auch die bereits vor der Pandemie mangelhafte Digitalisierung im Meldesystem und im Gesundheitswesen allgemein erschwerte die Pandemiebewältigung. Zudem reagierten die Kantone im Herbst 2020 zögerlich, unter anderem infolge unzulänglicher Koordination und Kommunikation zwischen Bund und den Kantonen. Diese Faktoren erschwerten eine schnelle, angemessene und kohärente Reaktion auf die Pandemie.

Empfehlungen für künftige Gesundheitskrisen

Was können Bund und Kantone aus den Erfahrungen lernen? Das Evaluationsteam empfiehlt dem Bund, sich organisatorisch besser auf künftige Krisen vorzubereiten und die Gesundheitsversorgung verbindlicher zu regeln, beispielsweise indem Kompetenzfragen geklärt werden. In künftigen Gesundheitskrisen sollte insbesondere auch die psychische Gesundheit bei der Massnahmengestaltung einbezogen und stärker gewichtet werden. Weitere Empfehlungen betreffen die Bereiche Digitalisierung und Datenmanagement sowie den Einbezug von relevanten Akteuren in die Vorbereitung und Umsetzung von Massnahmen.

Ausblick

Die Ergebnisse der Evaluation unterstützen den Bund derzeit dabei, die Krisenvorbereitung und -bewältigung für künftige Krisen zu optimieren. Unter anderem fliessen die Ergebnisse in die Revision des Epidemiengesetzes ein.

Weitere Informationen

Projektteam

Thomas von Stokar Geschäftsleiter, Partner
Anna Vettori Bereichsleiterin, Partnerin
Andrea von Dach Schultheiss Projektleiterin
Judith Trageser Bereichsleiterin, Partnerin
Sabine Fries Projektleiterin

Projekt

Evaluation der Krisenbewältigung Covid-19 bis Sommer 2021

Laufzeit

2020 - 2022

Themen


Leistungen


Auftraggeber

Bundesamt für Gesundheit (BAG)

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Kontakt

Thomas von Stokar Geschäftsleiter, Partner